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Eine kleine Exkursion durch das Obercastrop des Jahres 1961 - oder der verlorene Schuh in Knickenberg's Scheune

 

 

Die nachfolgende Geschichte spielt um Mädchen und Jungen des Entlassjahrganges 1962 der Melanchthonschule Obercastrop (evangelische Bekenntnisschule) – sie soll aber insbesondere dem Leser dieser Seiten eine Reise in das Obercastrop des Jahres 1961 ermöglichen  und  an die damalige Zeit erinnern.

Wir waren nun der Jahrgang, der Ostern 1962 unsere nicht immer geliebte Melanchthonschule verlassen durfte. Gott, dieses Glück. Demnächst keine Schule mehr. Keiner war sich darüber im klaren, dass die vor uns liegende Zeit mit der Kleinigkeit „Schule“ nicht zu vergleichen war. Aber so geht es wohl allen Schülern. Sei’s drum. Von den Jüngeren an unserer Schule wurden wir selbstverständlich beneidet. Wir fühlten uns auch schon „richtig erwachsen“.

Nur unser Lehrer, Kurt Pampus, wollte dies nicht wahrhaben. Sicherlich für ihn auch mit Schwierigkeiten verbunden, zumal er das zweifelhafte Vergnügen mit uns seit Beginn des 5. Schuljahres hatte. Wenige von uns mochten ihn zur damaligen Zeit. Bestimmt vor dem Hintergrund, dass er eine recht lockere Hand hatte. Manche „Backpfeife“ habe ich bis heute nicht vergessen. Aber denkt mal darüber nach: wie hat er es geschafft,  über 4 Jahre an seinen geliebten „Knickerbocker“  festzuhalten. Schon eine imposante Leistung – oder purer Geiz?

Spätestens beim Klassentreffen 1982 wurde ihm verziehen, zumal zum Ausdruck gebracht wurde, dass Pampus es mit der ihm eigenen Art geschafft hat, uns das Rüstzeug für das zukünftige Leben mitzugeben. 

Apropos Klassentreffen. Bin leider seit 1982 keiner bzw. keinem meiner ehemaligen Mitschülerinnen und Mitschüler  begegnet. Sehr schade. Vielleicht bietet sich noch einmal die Gelegenheit.

Aber nun wieder zurück zur Melanchthonschule. 

Bestimmt können sich noch einige an den phantasievollen Unterricht eines kleinen dicklichen Lehrers mit Hornbrille in der 4. Klasse erinnern.

                           - in welcher Jahreszeit leben wir jetzt?

                           - was ist die Jahreszeit ... für eine Zeit?

                           - warum ist die Jahreszeit .... eine .... Zeit?  

                              usw.

Er war schon relativ alt. Muss so um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert  das Licht der Welt erblickt haben. Seine pädagogischen Taktiken erinnern schon an diese Zeit.

Besonders sind  mir seine Künste am Rohrstock  in bleibender Erinnerung. Sollte ich ein extrem unartiges Kind gewesen sein? Ich kann mir nicht vorstellen, dass dieser Pädagoge besonderen Gefallen an meiner Lederhose gefunden hat. Denn so schön war sie auch wieder nicht. Eine bleibende Erinnerung in Schriftform habe ich noch von ihm. Mein Zeugnis über das Schuljahr 1957/1958, Klasse 4, Winterhalbjahr, ist mit folgendem Tadel versehen „ Hat in letzter Zeit sich schlecht betragen“. Dieser Wortlaut entspricht nicht den Anforderungen eines guten Stils der deutschen Sprache. Übrigens: Deutsch gehörte auch zu seinem  Unterrichtsfach. Ich habe ihm verziehen.

 

 

Dieses Foto entstand während einer Klassenfahrt der Klasse 4 der Melanchthonschule Obercastrop, die uns zum Wuppertaler Zoo, zur Müngstener Brücke, nach Schloss Burg und in den Ittertaler Märchenwald nach Solingen-Wald  führte.

 

Übertroffen wurde Spiel.....(wie war wohl sein Name?) mit seinen Züchtigungsversuchen nur von einer damaligen Junglehrerin mit „ski“ am Ende des Namens. Viele Namen im Ruhrgebiet endeten auf „ski“. Es hatten nun einmal  nicht alle westfälisch klingende Namen.  Vor jeder zu verabreichenden „Backpfeife“ zog sie sich genüsslich Glacéhandschuhe an.  

Nicht gerade angenehm.

 

 

Klassenfahrt 1959 zur Dechenhöhle, Burg Altena und ins Lennetal.

 

Es muss an einem heißen Tag im Monat August 1961 gewesen sein, nach den Sommerferien.

Kleine Zettelchen machten in der Klasse die Runde. Ergebnis der Kommunikation der etwas anderen Art: 3 Mädchen und 3 Jungen werden am Nachmittag eine Exkursion (dieses Wort war uns allerdings damals völlig unbekannt) ins Langeloh unternehmen. Treffpunkt 15.00 Uhr auf der Katharinenstr. am „Schwarzen Weg“.  Ob Pampus wohl unsere Zettelwirtschaft nicht bemerkt hat? Falls ja, dann im Nachhinein noch ein herzliches Dankeschön für diese Toleranz. Zu unserer aller Freude kündigte Pampus an, dass wir uns in der 5. Stunde einen Film über den Spreewald ansehen werden. Tolle Idee von ihm. Nur an einem solch heißen Tag, unter dem Dach der damaligen Melanchthonschule, eine Zumutung. Vorhänge mussten geschlossen werden. Nun kamen aber die Schüler zum Einsatz, die technisch versiert waren und mit einem Projektor umzugehen verstanden. Wie habe ich sie damals bewundert. So gerne wäre ich auch „Filmvorführer“ gewesen, dazu hat es aber nie gereicht. Es waren schon tolle Kerle, die in der Gunst unseres Lehrers ganz oben standen.

Vom Film über den Spreewald haben einige von uns recht wenig mitbekommen, zumal die Strategien für den Nachmittag abgesprochen werden mussten. Ich kann mich nur noch an den Kahn-fahrenden Postboten und den Transport von Heu und Stroh mittels Kahn erinnern.

Nachdem der Film beendet, und wir  die stickige Bude verlassen durften, ging es zunächst nach Hause; vermutlich um die „Schularbeiten“ mal eben ins Heft zu knallen. Mittagessen gab es natürlich auch. Mittag- und Abendessen waren zur damaligen Zeit feste Riten.

Aber so gegen 14.00 Uhr hielten uns keine 10 Pferde mehr zu Hause. Nun ging es „aufen Ritt“ wie wir damals zu sagen pflegten.

Von unserer Wohnung, Hecklenbruch 2, wir wohnten bei Willi Weyers, ging es los. Biermann’s betrieben auf der Kreuzstr. einen Lebensmittelladen. Ein tolles Geschäft mit Heringstonne. Salz, Mehl und Zucker waren noch nicht abgepackt. Maggi gab es aus einer großen Flasche und es wurde auch 1/8 Pfund gute Butter verkauft. Diese Menge. Reichte vermutlich für 1 Brötchen. Ich weiß es nicht und werde es auch nicht ausprobieren. Warum wurde Butter als „gute Butter“ bezeichnet? Es mag dahingestellt bleiben. Für die heutige Zeit undenkbar. Bei „Biermanns“ konnte man noch nach „Feierabend" einkaufen. So nach dem Motto „geh mal nach Biermann's"hintenrum", und sag:“Mama bezahlt morgen.“ Warum wohl? Heute weiß ich es.

Gegenüber von „Biermann’s“ war Köster. Dort kauften aber nur die, die etwas auf sich hielten bzw. meinten, sie wären etwas Besseres. Bei Köster war es  auch etwas teurer als bei „Biermann’s“. Vielleicht deshalb.

So, nun wurde mein Freund Peter abgeholt. Er wohnte gegenüber unserer Schule. Grüner Weg 28. Auch einer der mit „ski“ endete. In dem Haus wohnte noch der Gemüsehändler Verheyen, nicht zu verwechseln mit dem Radio- und Fahrradgeschäft gleichen Namens am Castroper Markt. Peter war ein netter Kerl. Er kümmerte sich immer darum, dass alle Mannschaften pünktlich zum Rollhockey erschienen. Wenn ich mich recht erinnere, kam seine Mutter ursprünglich aus  Leer/Ostfriesland. Vermutlich  ist er an die Wurzel seines Ursprungs zurückgekehrt. Beim Durchstöbern von Telefonver- zeichnissen bin ich auf seinen Namen gestoßen. Der Ort in dem er wohnen könnte, befindet sich in der Nachbarschaft der Stadt Leer. Peter kam und wir zogen los. Vorbei ging es an der Klempnerei von „Heini“ Osterholt und Hermann Grüning's Bäckerei sowie Frisör Börger (später Inge Knetsch) zur ersten Seltersbude. Bis heute weiß ich nicht warum diese, im Ruhrgebiet immer noch geliebten Buden, Seltersbuden heißen; sie verkauften doch nicht nur Selterswasser sondern auch Burgwallbronn und andere Köstlichkeiten. An der Bude neben Börger deckten wir uns zunächst mit Zigaretten ein. Lloyd, 4 Zigaretten für 30 Pfennig und ein Kästchen Welt-Hölzer für 5 Pfg. Nun waren wir dem angestrebten Ziel „Erwachsene zu sein“ ein gewaltiges Stück näher gekommen. Dachten wir in unserer kindlichen Naivität. Aber wir fühlten uns in unserer Haut sehr wohl. 

Gegenüber betrieb August Adler sein Fuhrgeschäft. Zur damaligen Zeit besaß er neben einem LKW noch Pferde, mit denen die Deputatkohle für die Beschäftigten der Zeche Erin transportiert wurde. Erinnere mich noch an ein an dem Haus angebrachtes Firmenschild. Hiernach war Betreiber des Fuhrgeschäftes Kaspar Adler, vermutlich ein Vorfahre von August Adler. In dem Haus wohnten 2 in Obercastrop bekannte Musiker. Ulli Wolf und Paul Hanisch. Sie waren jedoch Vertreter unterschiedlicher Musik-richtungen. Ulli Wolf unterhielt mit „Jibbel Beier“ eine Beat-Band, die Anfang der 60’er-Jahre manchen Jugendtanz zu einem wahren Erlebnis machte. Paul Hanisch war eher der Vertreter des ¾ Taktes und ein Verehrer von Rudi Schuricke und René Caroll. Für uns fürchterlich. Für die etwas ältere Generation ein Genuss. Wir nannten ihn „Walzer-Paul“.

Zwischen August Adler und dem Lebensmittelgeschäft Haumann  befand sich die Wurstküche von Otto Lindemeier's Metzgerei und die Heißmangel Makowiak. Man stelle sich die Gerüche einmal vor. Frisch gemangelte Wäsche in Verbindung mit den Kochschwaden der Wurstküche. Eine Beleidigung von Freunden guten Geruches. „Jüppi“ Vierhaus wohnte dort. Zur damaligen Zeit ein begnadeter Fußballspieler, den wir alle gerne in unserer Eckenmannschaft gehabt hätten. Er entschied sich jedoch für eine andere Ecke. Er spielte in der Mannschaft Bochumer Str./Bornstr./Cottenburgstr. Unsere Ecke war Kreuzstr./Grüner Weg.

Haumann’s Lebensmittelladen verbreitete noch das Flair eines s.g. „Tante-Emma-Ladens“ im positiven Sinne. Wittenbrink’s gegenüber betrieben schon zur damaligen Zeit einen Selbstbedienungsladen mit angegliedertem Textilschäft in Kleinstformat. Der Sohn der Betreiberfamilie, Bernd-Willi, war übrigens ein guter Fußballspieler bei der DJK Markomannia. Ab und zu trefffen wir uns heute noch und palavern gerne über die gute alte Zeit, auch mit Jüppi Vierhaus, den ich des Öfteren bei Familienfeiern treffe. Es ist herrlich, über die Vergangenheit zu plauschen. „Jüppi“ wird heute noch mit „Jüppi“ angesprochen. Für Außenstehende total uninteressant. Dafür haben wir allerdings kein Verständnis, zumal wir doch seinerzeit so wichtig waren. Aus dem Geschäft Wittenbrink stahlen Ende der 50’er Jahre einige Schützen der 5. Kompanie des Bürgerschützen-Vereins Obercastrop (Trommlerkorps "Westfalenklang“), kurz vor dem anstehenden Schützenfest, den Schützenvogel.

 

 

"Bestohlene" und "Diebe" in trauter Gemeinsamkeit.

Gegen ein Salär von einigen Kisten Bier gaben sie den Schützenvogel zurück.

 

 

Heute wäre diese Tat „Ein gelungener PR-Gag“. Wie die Zeiten doch die Begriffe verändern. Der „Stadtanzeiger“ (Nachfolger ist die WAZ) hatte über dieses sensationelle Ereignis mehrfach berichtet.

Auf der Bochumer Str. fuhr noch die gute alte Linie 7 der Bochum-Gelsenkirchener-Straßenbahnen AG, kurz BoGeStra, gegen deren Fahrpreise wir 1968 mit dem „Roten Punkt“ demonstrierten. Näheres hierzu in einer weiteren Kurzgeschichte. Auf der anderen Straßenseite von Wittenbrink betrieb neben der Reinigung „Stute“ Günter Tross seine Drogerie. Er verkaufte Erotol-Pastillen und Rheila-Perlen etwas preiswerter als andere Drogerien. Hierfür danke. Es hat unserem knapp bemessenen Taschengeld, wenn es ein solches hin und wieder einmal gab, sehr gut getan. Nebenan hatte der „Olle Disch“ seine Bude. Ein netter älterer Herr, der ständig unseren Nickeligkeiten ausgesetzt war.. Bis heute ist mir nicht bekannt, warum wir ihn als „Olle Disch“ bezeichneten. Er hatte es nicht verdient. Ebensowenig hatte er verdient, dass wir ihn auch „beklaut“ haben. Unter einem Vorwand wurde er aus seiner Bude gelockt, und just in dem Moment griffen wir auf der Theke zu. Das war doch wohl eine ganz schöne Schweinerei.

Herr Disch, wir bitten heute um Entschuldigung. Zwischen dem "Ollen Disch" und Lambertz, der Kneipe, war die Schreinerei von Hermann Erdmann. Interessant sein Transportmittel. Er belieferte seine Kunden mit einer s. g. "Dienstmannskarre", man kennt sie noch aus alten Filmen, die im Bahnhofsmilieu spielen. Mit diesen Karren transportierten die Dienstmänner das Gepäck der Reisenden.

Gegenüber war die Bäckerei Eckey (vorher Hollmann). Ein sehr beleibter Bäckermeister mit gutem Gemüt und Verständnis für uns. Wenn wir für’s Wochenende Brötchen kauften, gab es als Zugabe ein „Hefeteilchen“ vom Vortag; kostenlos. Toller Kerl. Nebenan betrieb Willi Bols seine Metzgerei. Bis heute unvergessen sind seine geräu-cherten Mettwürstchen und die „Abgehangene“ (heute: Kohlwurst). Wir werden von unserer Familie immer noch, dankenswerter Weise, mit diesen tollen Wurstwaren versorgt. Selbst als wir einige Jahre in Cottbus unser Domizil hatten, ließen wir unsere Cottbuser Bekannten an diesen Genüssen teilhaben.

Sie reden vermutlich heute noch davon. Noch eine Begebenheit erinnert mich an Willi Bols (heute: Willi Bols sen.). Das Jahr kann ich leider nicht mehr genau bestimmen. In Obercastrop lag endlich Schnee. Neben unserer üblichen Rodelbahn „Kreuzstr.“ vergnügten wir uns auch im Langeloh mit unseren Schlitten. Von „Daun“  bis zu der Quelle, die den Bach speist, der am Hundeplatz vorbeiführt, war eine tolle Piste. Oder die Todesbahn. Jeder Ort hatte eine Todes-bahn. Die Streckenführung der Todesbahn war von „Stehmann“ auf den Platz, an dem im Sommer die Kinderschützenfeste stattfanden, die von der St. Elisabeth-Gemeinde Obercastrop veranstaltet wurden. Auf dieser Wiese, es war schon dämmerig, stand Willi Bols. Man lese und staune, auf Ski’ern. Er machte seine ersten Versuche. Ganz toll. Willi erzählte mir, dass es im Allgäu  möglich ist, 10 Minuten und länger mit Ski abzufahren. Das war für mich undenkbar, aber derart faszinierend, dass ich Jahre später (nämlich 1975) ebenfalls versucht habe, diesen Sport zu betreiben. Hat auch geklappt und ich betreibe ihn, Dank an Willi Bols, heute noch mit großem Spaß und großer Freude. 

Ein Stückchen weiter hatte „Heini“ Osterholt, der Klempnermeister vom „Grünen Weg“, sein Ladengeschäft mit Kohleöfen und den damals aufkommenden Heißwassergeräten von „Stiebel Eltron“.  Heinz Hünnemeyer verkaufte ein Haus weiter Farben und Tapeten und im Hinterhof reparierte Wolfgang Gappa unsere ausgelatschten Treter, natürlich mit Gummisohlen, sie waren erheblich preiswerter als Ledersohlen. 

Auf dem Weg zur Katharinenstr. ging es nun in die Cottenburgstr. Auf der  Ecke Bochumer-/Cottenburgstr. befand sich die Gaststätte Lambertz, die über ein Gesellschaftszimmer verfügte, in dem der „Buddy Holly-Club“, den einige Jungen von „Korea“, eine Zechensiedlung  „auf Schwerin“, gegründet hatten, regelmäßig sonntags ab 16.00 Uhr  einen „Jugendtanz“ veranstaltete.  Die Siedlung hatte diesen Namen, weil sie während der Zeit des Koreakrieges gebaut wurde. Eintrittspreis 50 Pfennig. Der Rest des Taschengeldes reichte für 1 Cola. Damaliger heißer Hit „ Motorbiene“. Ich höre ihn heute noch gerne. 

Auf der anderen Seite der Cottenburgstr. war ein „Konsum“ der Konsumgenossenschaft Dortmund/Hamm. Die Leiterin dieses Geschäftes trug den klangvollen Namen „Gans“. Dieser Name inspirierte meinen Freund Peter und mich, Frau Gans erst einmal ein Ständchen zu bringen. „Fuchs du hast die Gans gestohlen“. Das hätten wir besser nicht getan. Einige Tage später bekam ich von meiner Mutter die Belohnung für dieses Ständchen der etwas anderen Art. Resultat eines Einkaufes meiner Großmutter im Konsum. Am Rande sei erwähnt, dass in der Lambertusschule (Ecke Bochumer Str./Viktoriastr.) ein Lehrer unterrichte, der auch diesen  herrlichen Namen  trug. Dem Vernehmen nach sollen ihn einige auch Arro Gans genannt haben. Gans zählt über Jahre zu den Stützen des TC 06 Castrop-Rauxel, der sein Domizil am „Wiedehagen“ hat.

Im nächsten Haus der Cottenburgstr. war die Milchhandlung von Heinrich Eckl untergebracht. In dieser Milchhandlung wurden wir von seiner liebenswerten Frau bedient. Zur Belohnung für die dort gekaufte Milch, oder sonntags auch schon einmal Schlagsahne, gab es Bonbons, genannt „Klümmchen“ in Zigarilloform. Ich schmecke diese Köstlichkeit heute noch. „Heini Ekel“ belieferte täglich  ein festgelegtes Revier in Obercastrop mit gezapfter Frischmilch per Pferd und Wagen. Er war ein prima Kerl, der nur so genannt wurde, wie beschrieben. Warum? Alte Obercastroper  haben bis heute keine Erklärung für die Verunstaltung des Namens.

Im weiteren Verlauf der Cottenburgstr. befand sich die Bau- und Möbeltischlerei von Johannes Kessebohm. Er war seiner Zeit im Besitz eines BMW V 8. Klasse Schlitten.

Seine Frau verdiente sich ein Zubrot mit einer Leihbücherei und Lottoannahmestelle.

Das Ausleihen eines Buches für 1 Woche kostete 10 Pfennig. Ein Lottoschein mit 2 Reihen 1,10 DM. Für meine Eltern musste ich 1 x wöchentlich den Lottoschein abgeben. Da ich die getippten Zahlen bis heute nicht vergessen habe und immer noch auf den erhofften Gewinn warte, tippe ich diese Zahlen immer noch. Wäre doch schlimm, wenn ich die Zahlen im Kopf habe und eines Tages würden sie gezogen. Dieses wäre undenkbar. Deshalb wird weiter Lotto gespielt. Im gleichen Haus war das Lebensmittelgeschäft Stolle untergebracht. Schüler verabredeten  sich oft „bei Stolle an der Ecke“.

Um die Ecke (Christinenstr.) war die Metzgerei Geesmann. Der Sohn des Fleischers, selbst Fleischer, hat als erfolgreicher Kanufahrer einige Medaillen einheimsen können. Nachträglich noch herzlichen Glückwunsch Theo. Ein weiteres Highlight in der Obercastroper  Geschäftswelt „Hagemann's Eisdiele“. Das Eis mit Waldmeister-geschmack, der Genuss schlechthin. Oft wurden die 30 Pfennig für den Klingelbeutel in Hagemann's Eisdiele umgesetzt. Man möge uns dieses entschuldigen, wenn wir an die Himmelpforte klopfen. Und ein Stück weiter wieder eine Milchhandlung mit angeschlossenem Lebensmittelladen, Herte. Dort kauften die aus der Kolonie. Gegenüber von Herte noch eine  Eisdiele, Wagner. Wagner’s standen auch auf dem Castroper Markt und verkauften Gewürze. 

Wenderoth, auf der anderen Seite der Christinenstr. war ein Schreibwaren- und Zigarettengeschäft. Nach Weihnachten hatten Wenderoth’s ein tolles Sortiment von Knallern jeglicher Art parat. Leider reichte es nur zum Kauf von Knallkorken. Schweizer Kracher und Zisselmännchen, geschweige denn Raketen, waren für uns unerreichbar.

Das gleiche Haus beherbergte auch das Frisörgeschäft Moorbach. Der In-Frisör für die damaligen Schüler und Jugendlichen, die sich mit Fit und Brisk die Haare in Form brachten.

Mit Margarine oder Seife wurde der gleiche Effekt erzielt. Es roch allerdings etwas anders.

Ecke Bornstr./Christinenstr. eröffnete in dem beschriebenen Zeitraum Alma Artheker ihr Lebensmittelgeschäft. Ich kann mich genau erinnern. Dort gab es Pfirsiche in der Dose besonders preiswert. Deshalb musste ich dort des Öfteren die besagten Pfirsiche kaufen. Ich glaube, zu jeder Feier gab es bei uns „Pfirsichboden“. Ich kann ihn heute nicht mehr sehen, insbesondere aber nicht essen. Nebenan machte Inge Lucka mit ihrer Seltersbude gute Geschäfte mit "Denen von der katholischen Schule" (Elisabeth-Schule). Gerne denke ich noch an die Zeit zurück, als ich vom Gesundheitsamt zum orthopädischen Turnen in die Elisabeth-Schule geschickt wurde. Die Turnanleitungen erhielten wir von Lehrer Winter, ein phantastischer Mensch. Es hat immer große Freude gemacht, bei Lehrer Winter turnen zu dürfen. Seine guten Freunde und Bekannten nennen „Jupp Winter“ heute noch „Schaulmester“.

An der Elisabeth-Schule vorbei ging es nun durch den „Schwarzen Weg“ zur Katharinenstr.

Dort trafen wir nun auf unseren gemeinsamen Freund Peter Oblak, sein Vater war ein anerkannt guter Alleinunterhalter in Obercastrop. Peter bekam Gitarrenunterricht in Bochum-Gerthe. Habe ihn oft mit dem Fahrrad dorthin begleitet. Es waren immer Super-Touren.

Kurze Zeit später durften wir auch die wichtigsten Personen unseres Treffs begrüßen. Christa und Irmlinde. Unsere Gefühle spielten wahrscheinlich verrückt, anders lässt sich der Blödsinn, den wir im weiteren Verlauf des Tages verzapft haben, nicht erklären. Nun fehlt noch die Dritte im Bunde. Schließlich gehören zu 3 gestandenen, außerordentlich wichtigen Jungen auch 3 Mädchen. Also zurück durch den „Schwarzen Weg“ und die Bornstr. zur Bochumer Str. Dort wohnte, gegenüber der St. Elisabeth-Kirche, Christel, mit der wir nun gemeinsam zum Langeloh zogen. Am Platz des Tiefbauunternehmers Heinrich Lakenberg vorbei zur Breckenstr. Der Platz war über Jahrzehnte Antreteplatz des Bürgerschützen-Vereins Obercastrop zum „ Vogelschießen. An der Ecke Bochumer Str./Breckenstr. befand sich die Schreinerei Grüning. Von „Jupp Schlingermann“, der dort sehr lange beschäftigt war, bekamen wir zur „Drachenvogelzeit“ die entsprechenden Leisten zum Bau dieser bei Kindern  beliebten Flug-objekte. 

Durch die Breckenstr., den Grünen Weg, ein kurzes Stück Kreuzstr. nun in den Distelkamp.

Thea Senger (Villis) brachte in ihrer Seltersbude ebenfalls viele gut schmeckenden Dinge durch den Schalter. Eine Rolle „Faam rot“  (Pfefferminz, den unsere holländischen Nachbarn herstellten) kostete bei Thea 20 Pfennig. Ein humaner Preis. Thea besaß einen fürchterlich frechen, kläffenden „Köter“ namens Hexe. Das Prachtstück einer Promenadenmischung schlechthin und eine Hexe im wahrsten Sinne des Wortes; dieser Köter.

Ein Stückchen weiter stellten wir bei den Mädels erst einmal unseren Mut und unsere Tollkühnheit unter Beweis. Auf der li. Seite des Distelkamp’s (von der Kreuzstr. kommend) wohnte Konrad Villis mit seiner ausgesprochen kinderfreundlichen Ehefrau. Wir nannten ihn
nur „Onkel Konrad“. In seinem Baumhof  befand sich  das Objekt unserer Begierde. Ein Birnbaum. Zu unserem Glück war auch noch in der Hecke ein Loch, durch das wir schlüpfen und unentdeckt den Birnbaum erreichen konnten. Da wir nicht lautlos unsere „Klauerei“,
für uns war es natürlich Mundraub, durchführten, wurde „Onkel Konrad“ auf uns aufmerksam und verscheuchte uns. Zu Recht. Er kannte mich genau, zumal ich 4 Häuser vorher wohnte. Er hat weder andere Kinder noch mich bei den Eltern „verklatscht“. Hervorragender Mensch. Steht mir diese Beurteilung eigentlich zu. Vermutlich nicht. Ich tue es trotzdem.

Ein Teil der Hecke steht heute noch. Mein Schwiegervater quält sich 1 x jährlich mit dem Heckenschnitt ab. Nicht einfach für einen Menschen, der am 10.6.2004 , man höre und staune, 82 Jahre alt wird. Er ist jedoch noch sehr fit und rüstig. Die Arbeiten hat er für seinen anderen Schwiegersohn übernommen, der mit seiner Ehefrau auf dem ehemaligen Baumhof ein Haus erstellt hat und gemeinsam mit seinen und meinen Schwiegereltern bewohnt. Wer es immer noch nicht erkannt hat, sie tragen den Namen Schulte-Middelmann (Walter und Else) und waren mehr als 3 Jahrzehnte hervorragende Gastgeber in ihrer Gastwirtschaft auf der Bochumer Str.

Am Rande sei erwähnt; der Sohn von „Onkel Konrad“, Hans Villis, gehört zum Bekanntenkreis unserer Familie. Wir reden gerne und oft über unsere „Vergangenheit“; am meisten über „Klein Büschchen“, ein kleines Wäldchen mit Bombentrichter in der Nähe des Sportplatzes der ehemaligen Zeche „Erin“. 

Die nächsten Unartigkeiten hatte „Vahlen Stinna“ zu ertragen. Sie musste immer derbe unter unseren Streichen leiden. Das Grundstück von Fräulein Vahle, erstbeste Hanglage, war für junge Burschen schon eine Herausforderung. Sobald wir grölend das Grundstück besetzten, kam sie zeternd aus ihrer Haushälfte herausgestürzt. Die andere Hälfte war total verfallen.

Wurde  Jahre später von den neuen Besitzern wieder aufgebaut.

Nun war Schmiemann an der Reihe. Ende August, die Pflaumen waren halbreif bis reif, wurde bei Schmiemann’s geerntet. Durch uns. Selten haben Pflaumen so gut geschmeckt.

Klar, waren ja auch geklaut. Wir mit unseren kriminellen  Machen-schaften. War schon schlimm. Aber wie sollten wir uns denn anders beweisen? Oder resultierten unsere Taten aus der Fürsorgepflicht für das weibliche Geschlecht? Na?

„Sibben Fritz“, so nannten Einheimische den Landwirt Fritz Vierhaus, der seinen Hof auf der Ecke Bornstr./Bochumer Str. betrieb, hatte eine für die damalige Zeit revolutionierende Idee. Er wollte auf dem Grundstück, das mit den Pflaumenbäumen, eine Kogge aufstellen, ein Ausflugslokal errichten sowie einen Streichelzoo erstellen. Vielleicht wäre es der Grundstock für einen Fun-Park in Obercastrop gewesen. Leider verstarb „Sibben Fritz“ in der Anfangsphase der Bauarbeiten.

An der alten Müllkippe vorbei, die braune Brühe läuft heute noch aus dieser ehemaligen Kippe in den Bach, der am Hundeplatz vorbei in den Behringhauser Bach läuft.

Am Eingang zum Hundeplatz befand sich eine stattliche Buche die erst einmal per Taschenmesser beschädigt wurde. Schließlich ist es für die Nachwelt ungeheuer wichtig, wer mit wem befreundet war. Unsere Initialen zieren heute noch die Buche, sind aber so gut wie
nicht mehr lesbar. Nur die Herzen sind noch erkennbar. Wir haben aber auch alles falsch gemacht. Erst den Baum beschädigt und dann die unprofessionellen Schnitzereien.

Sodann ging es zu der Wiese, auf der das Kinderschützenfest der Obercastroper St. Elisabeth Kirchengemeinde alljährlich stattfand, das ist die Wiese, auf der auch die s.g. Todesbahn endete. An der Ecke des Weges zu der Wiese stand ein Wildkirschenbaum.

Wir hatten die besten Interpretationen parat, was nach dem Verzehr derartiger Früchte alles passieren kann. Fast wären wir nur durch bloßes Anschauen krank geworden.

Nun wurden wir von einem gewaltigen Regenschauer überrascht. Also die Beine unter den Arm und rauf zum Mittelfeld. Bei Daun, im Eingangsbereich des Hotels, stellten wir uns unter. Das war ein gängiger Ausdruck, wenn man sich vor Regen schützen wollte. Unser ausgeprägter Beschützer-Instinkt hatte das Seinige dazugetan. Schließlich waren wir auch für die holde Weiblichkeit verantwortlich. Nun, trotzdem waren wir  6 „klitschenass“.

Nach einer kleinen Verschnaufpause ging es weiter; übers Mittelfeld, am Kreuz vorbei in „Knickenberg’s Scheune“. Im Stroh wurde „rumgetobt“ auf  „Deibel komm heraus“. Wir Jungen waren der Ansicht, nun sei unsere Stunde der Mutproben gekommen. Jeder meinte, er müsse den Anderen durch gewagte Sprünge übertreffen. Schließlich wollte jeder besondere Aufmerksamkeit von den 3 Damen erhalten. Bis zu dem Zeitpunkt, als Irmlinde entgeistert schrie:“ Mein Schuh ist weg.“ Jetzt begann die Sucherei. Der Schuh blieb verschwunden, oder auch nicht? Mir ist bis heute nicht bekannt, ob der Schuh jemals aufgetaucht ist. Wir haben auch nie wieder darüber gesprochen. Sollte er wirklich verloren gegangen sein? Kaum denkbar, das Donnerwetter im Elternhaus. Heute sind wir teils Eltern und einige auch schon Großeltern. Wie hätten wir reagiert, wenn unsere Kinder das Haus mit 1 Paar Schuhen verlassen hätten und mit nur 1 Schuh zurückgekehrt wären? Vielleicht ist es möglich, dieses Erlebnis einmal bei einem Klassentreffen auszudiskutieren. Es wäre sehr schön.

 Auf dem Foto sind die 6 ganz gut getroffen.

 

 

Dieses Foto entstand 1961 während der Klassenfahrt der Klasse 8 der Melanchthonschule Obercastrop in der Jugendherberge Hohenlimburg

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